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Hat Modellbahn noch Zukunft?

Von Erik Meltzer <ermel@modellbahnfrokler.de>

Seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten irrt ein Gespenst durch die Fachpresse, vorzugsweise zu Zeiten des Sommerlochs oder zur Weihnachtszeit: der dräuende Untergang des Modellbahnhobbies. Steigende Preise, sinkende Verkaufszahlen, eingehende Hersteller, fehlender Nachwuchs – großes Gejammer. Röwa, Liliput, Jouef, Arnold, Lima: große Namen, inzwischen vergessen oder nur noch ein Schatten ihrer selbst. Firmenzusammenschlüsse, Pleiten, Mauscheleien. Hat die Modellbahn eine Zukunft? In den Kinderzimmern steht an ihrer Stelle längst die Playstation. Die Ursachen sind vielfältig – und die Computerrevolution ist nicht alleine schuld, m.E. spielt das Vorbild, die Bahn, eine genauso große Rolle: wo ein Urlaub mit der Bahn nicht mehr stattfindet und es auf den wenigen verbleibenden Bahnfahrten außer Ganzzügen und zugekrauteten Schotterwüsten nichts zu sehen gibt, entsteht nun mal weniger Eisenbahn-Faszination.

Ich möchte mich indes nicht dem allgemeinen Gejammer anschließen. Was vorbei ist, ist vorbei – und die goldene Eisenbahnzeit ist vorbei, seit Jahrzehnten schon, das ist meine Überzeugung. Daß mit ihr die goldene Zeit der Modellbahn als Massenprodukt im Spielzeugmarkt mit zuendegeht, ist nur logisch.

Aber ist das das Ende des Modellbahnhobbies? Ich denke nein.

Malen wir uns doch mal ein Worst-Case-Szenario aus. Die Umsätze sinken weiter, die Preise steigen weiterhin um 100 % in fünf Jahren. In den nächsten Jahren gehen die meisten Großserienhersteller pleite. Übrig bleiben vielleicht Märklin, Roco und Fleischmann – natürlich nicht mit ihren Produktionsstätten in Deutschland und Österreich, sondern als Namen auf einem drastisch geschrumpften Programm an Fernostware zu noch viel gesalzeneren Preisen als heute. Und wegen der Preise werden mehr und mehr Modellbahner das Handtuch werfen.

Und wenn? Die installierte Basis, sprich: die bereits im Umlauf befindlichen Modellbahnartikel, werden bei sinkenden Benutzerzahlen noch eine mittlere Ewigkeit reichen, bevor sie wegen technischer Defekte oder steigender Ansprüche das Zeitliche segnen. Bei der Neuware wird es irgendwann den Punkt geben, an dem die Menge der verkauften Sachen bei steigendem Preis mit der dadurch sinkenden Wirtschaftlichkeitsgrenze zusammenfällt. Sprich: die Kleinserien-Hersteller werden überbleiben und den geschrumpften Markt bedienen, vielleicht sogar ein paar Formen von den Großen übernehmen und damit ab und zu mal ein gesuchtes Modell neu auflegen.

Wäre das sooo schlimm? Für mich z.B. eher nicht, ich kauf jetzt schon mehr Gebraucht- als Neuware und bräuchte eigentlich nichts mehr außer Gleis- und Landschaftsbaumaterial, um bis an mein Daseinsende mit Modellbahnprojekten eingedeckt zu bleiben. Klar kauf ich auch andere Sachen, der Reiz des Neuen ist auch mir nicht unbekannt – aber "neu" bedeutet für mich nicht "Neuware", das können auch 40 Jahre alte Piko-Wagen sein.

Da es die großen Hersteller aber (noch?) gibt, kauf ich natürlich auch bei denen (und weil mir die kleinen im Verhältnis zu den großen (noch?) ein wenig zu teuer sind, bei denen eher nicht), aber für mich wäre der Zusammenbruch einiger oder auch aller Großserienhersteller keine große Katastrophe. Was die im Programm haben, bekomme ich auch gebraucht, und was sie in Zukunft im Programm haben werden (bzw. dann gehabt hätten), hätte ich dann ja nicht gekannt. :-)

Mir ist klar, daß das alles so nicht für jeden von uns gilt. Aber ganz ketzerisch formuliert, muß ja irgendwo auch die Masse der Aussteiger herkommen, die den wenigen Verbleibenden den dann riesigen Gebrauchtmarkt mit entsprechenden Preisen bescheren wird.

Und wenn der Zusammenbruch, was ja durchaus möglich ist, nicht stattfindet? Dann freu ich mich auch weiter über wunderschöne Neuheiten der geschätzten Industrie. Schlaflose Nächte bereitet mir jedenfalls keins der beiden Szenarien.

Denn wie die Modellbahner in der ehemaligen DDR oder auch die Anhänger der Spur 0 heute zeigen, ist es für eine erfüllende Beschäftigung mit dem Hobby Modellbahn mitnichten erforderlich, von der Industrie und Händlerschaft alles und jedes vorgekaut serviert zu bekommen. Ich finde es sogar interessanter, wenn das nicht so ist. Deswegen bau ich eben auch Wagen selber, die es als Industriemodell gibt bzw. deren Vorbilder man ohne weiteres durch von der Industrie nachgebildete ersetzen könnte – wie ein Leser dieser Seiten weiß. Vielleicht sollte ich ja auch in 0 machen oder in TT, aber irgendwie ... nöö, H0 ist schon in Ordnung. Macht ja nix, daß es fast alles gibt, man muß es ja nicht kaufen. Schon gar nicht zu den Preisen.

Jedem das Seine, klar. Ein Sammler oder "Schachtelbahner", der an den Dingern nicht frokeln mag, wird das Ende der Industrie vielleicht als Ende des Hobbies begreifen. Aber ich seh das für mich nicht – und ich denke, von der Sorte gibt's noch mehr da draußen.

Schließlich treff ich die Leute dauernd beim Fremo. ;-)


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Zuletzt bearbeitet am 25. Juli 2004