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Bierwagen von Heris und GFN

Aus der Reihe "Modellkritik"

Von Erik Meltzer <ermel@modellbahnfrokler.de>

Die beiden Bierwagen frisch aus der Schachtel
Bild 1: Frisch aus der Schachtel: Bierwagen von Fleischmann (links) und Heris

Erster Eindruck

Jahrzehntelang fehlten sie: kurze Bierwagen mit flachem Dach und Bremserhaus. Erst kürzlich haben die Hersteller diese Lücke entdeckt, und nun liegen mir zwei Modelle vor: der Lesern dieser Seite schon länger bekannte Wagen der Bauart Brühl mit den charakteristischen rautenförmigen Streben aus dem Hause Heris und der optisch etwas gewöhnlichere Typ mit flachgewölbtem Dach von Fleischmann (GFN).

Beide machen einen hervorragenden ersten Eindruck, vor allem in den hier gewählten farbenfrohen Versionen mit verschnörkelter, mehrfarbiger Schattenschrift. So laut hat noch kaum ein Modell "Kauf mich!" gerufen, zumal die Preise mit jeweils deutlich unter 20 Euro angesichts der aufwendigen Beschriftungen noch deutlich unter der Schmerzgrenze liegen.

Zum Vorbild

Das Heris-Vorbild wurde in unserem (jetzt natürlich ansonsten erledigten) Selbstbau-Artikel bereits gewürdigt. Zum GFN-Vorbild weiß ich nichts, aber in einer Miba war mal ein Vorbildfoto, dem das Modell sehr ähnlich sieht – mir reicht das. ;-)

Das GFN-Modell

Der GFN-Bierwagen (Pschorr-Bräu)
Bild 2: Der GFN-Wagen (Pschorr-Bräu). Zum Vergrößern aufs Bild klicken

Das Modell basiert im Wesentlichen auf dem bekannt hervorragenden Fahrwerk des hauseigenen Om 12 (Breslau/Essen). Entsprechend gibt's hier außer zu großen Puffertellern und zu kleinem Radsatz-Innenmaß (beides alte GFN-Krankheiten) nix zu kritisieren; besonders die hervorragende Kurzkupplungskinematik und das sehr stimmige Bremserhaus seien hier hervorgehoben, aber auch die sehr schmalen und wunderbar gravierten Achshalter sind immer wieder eine Augenweide.

Der Aufbau steht dem, wie bei GFN mittlerweile gewohnt, nicht nach. Sehr feine Bretterfugen, hauchzarte Nietimitationen, saubere Gravuren, angespritzte und trotzdem zierliche und freistehende Eckgriffe – toll! Wer unbedingt supern möchte, dem seien die Signalhalter nahegelegt: die sind zwar dran, aber doch ein wenig mickrig geraten. Dafür bleiben sie aber auch im rauhen Betrieb dran, was man ja auch nicht von allen herstellerseitig montierten Signalhaltern sagen kann.

Beschriftungsdetail GFN Das Schönste am Wagen ist und bleibt aber die Beschriftung. Das nebenstehende Bild 3 spricht für sich, besonders in voller Größe – fast mag man bezweifeln, daß das Vorbild so sauber lackiert und beschriftet war. Solche Modelle versöhnen mich dann wieder mit der Modellbahnindustrie: sowas bekommen wir Frokler am Küchentisch nicht hin, aber wir müssen ja auch nicht. ;-)

Fazit zum GFN-Wagen

Ein feines Fahrzeug hat GFN da mal wieder abgeliefert. Mit ein paar kleinen Verbesserungen (Signalhalter, Puffer, evtl. Griffstangen, Radsätze) ist hier ein echtes Spitzenmodell zu schaffen. Dieser Wagen ist es wert. Und seinen Preis wert ist er erst recht. Kaufen!

Das Heris-Modell

Der Heris-Bierwagen (Fürstenberg-Bräu)
Bild 4: Der Heris-Wagen (Fürstenberg-Bräu). Zum Vergrößern aufs Bild klicken

Newcomer Heris hat das interessantere Vorbild erwischt, da gibt's kein Vertun. Allein schon deshalb ist dies eigentlich kein Vergleichstest: beide Wagen haben ihre Daseinsberechtigung, und sie harmonieren auch recht gut miteinander, auch wenn der Heris-Wagen ein wenig mehr Kritik herausfordert.

Beginnen wir mit dem Fahrwerk: Achshalter, Federn, das alles wirkt bei Heris etwas grobschlächtiger als bei GFN und anderen Mitbewerbern. Man wähnt ein (gutes) Modell aus den 80er Jahren in Händen zu halten. Nein, wegreißen muß man das Fahrwerk deshalb nicht, aber es ist eben nicht toll. Auch die KK-Kinematiken sind nicht das Gelbe vom Ei, besonders ihre extrem unterschiedliche Auslenkung an beiden Fahrzeugenden fällt auf. Das Bremserhaus ist ebenfalls nicht perfekt: die Fenster scheinen zu groß, und die schwarze Bedruckung der senkrechten Stirnprofile wirkt eher unbeholfen.

Beschriftungsdetail Heris Sonst ist am Aufbau nichts auszusetzen, erwähnenswert vor allem die angesetzten Griffstangen und Türverschlüsse! Die Gravuren sind ebenfalls sehr sauber, vielleicht nicht ganz so fein wie bei GFN, aber nicht zu bekritteln. Die Signalhalter sind Heris dafür entschieden besser geglückt als GFN. Die Beschriftung ist auch hier über jede Kritik erhaben, wie das nebenstehende Bild 5 zeigt. Auch hier wieder empfiehlt sich die Betrachtung in voller Größe. Die kleinen Patzer an den im unteren Bereich schwarz lackierten Kastenstützen (in Bild 4 zu erkennen) kann man da verschmerzen, die sind schneller behoben als kritisiert.

Verschleiß

Einer meiner Heris-Wagen, die unten abgebildete Transthermos-Version, läuft bereits im Einsatz beim Fremo. Dort hat sich leider herausgestellt, daß die Achslager extrem schnell verschlissen sind: der Wagen ist im ungünstigsten Fall wenige Stunden gelaufen, dann schliffen die Radsätze am Wagenboden!

Ich weiß nicht, ob das ein Ausreißer ist oder ein Serienfehler. Unangenehm ist es in jedem Fall. Der Fürstenberg-Wagen, der ja aus einem anderen Modelljahr stammt, kommt demnächst auch zum Einsatz, dann werde ich mehr wissen – und hier berichten, versteht sich.

Fazit zum Heris-Wagen

Die optischen Mängel sind nicht das Problem – da gibt es Schlimmeres von größeren Herstellern für mehr Geld, und insofern bietet auch Heris ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Der Verschleiß der Achslager verdient aber Beobachtung: wenn man da tatsächlich die Reparatur bereits beim Kauf einkalkulieren muß, dann ist dieses Modell leider sein Geld nicht wert. Doch, kaufen würde ich es wegen seiner Schönheit und seines interessanten Vorbilds aber trotzdem.

Was zu tun bleibt

Astreine Modelle also, Zierden jedes Güterzugs, willkommene Farbtupfer und kein Vergleich zu den Werbe-Bierwagen, die mit ihrer Penetranz in den letzten Jahrzehnten das Wort "Bierwagen" selbst in Verruf gebracht haben. Eigentlich fehlt nur eins:

Der Heris-Wagen als gealtertes Transthermos-Fahrzeug
Bild 6: Der Heris-Wagen als gealtertes Transthermos-Fahrzeug. Zum Vergrößern aufs Bild klicken

Dreck

Nein, so schäbig wie dieser Transthermos-Wagen sollten die Bierwagen sicher nicht werden. Während die Wagen bei Transthermos in den 50er Jahren bereits kurz vor der Ausmusterung standen (sie wurden dann nach Dänemark vermietet und wurden erst nach diesem Ausflug als Bierwagen verkauft – Heris bietet all diese Varianten an, sehr löblich!), wurden sie von den Brauereien bestimmt ab und zu mal gewaschen, allein wegen des Werbeeffekts.

Aber etwas Mattlack (ich nehme inzwischen "Humbrol Matt Cote", ein tolles Pampf!) mit ein paar Tropfen Dreckfarbe drin, lasierend aufgetragen, und ein Hauch rostbraune Pulverfarbe ans Fahrwerk sollten schon sein. Die Dinger waren nicht neu, und Bretterwandwagen klinisch sauber zu halten dürfte eh unmöglich sein.

Glas

Bremserhäuser im Vergleich

Besonders die (m.E. zu) großen Fenster des Heris-Bremserhauses brauchen dringend Zuwendung. Man kann sie teilweise verschließen, aber bei meinem ersten Heris-Wagen habe ich sie stattdessen verglast. Dazu habe ich zunächst den Rahmen innen schwarz ausgelegt, um die Wanddicke wegzutarnen, und anschließend mit Humbrol Clearfix Scheiben aufgepinselt: das Zeug läßt sich mit dem Pinsel über die Öffnung ziehen, fertig ist die Scheibe. Wer das einmal gemacht hat, will es nie wieder hergeben! Bild 7 rechts (zum Vergrößern draufklicken) zeigt das so veränderte Bremserhaus im Vergleich zum Originalzustand. Man beachte auch die nachlackierten senkrechten Streben.

Verschleißreparatur

Der erwähnte Verschleiß der Heris-Achshalter (s.o.) läßt sich hoffentlich durch Schmierung vermeiden. Wenn es wie bei meinem Transthermos-Wagen schon passiert ist, kann man entweder Achslager aus Messing einsetzen – oder sich so behelfen wie ich (ob's hält, wird sich zeigen):

Ich habe die störenden Teile des Wagenbodens zwischen den Bremsbacken soweit ausgefräst, daß die Räder nicht mehr daran schleifen, und die Höhendifferenz durch größere Räder (von Roco) ausgeglichen. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, daß die Bremsbacken jetzt schön nah an der Lauffläche liegen. Reichlich Kupferfett an den Spitzen der Radsätze wird weiterem Verschleiß hoffentlich vorbeugen.

Außerdem hat mein Modell statt der extra leicht abbrechenden Heris-Puffer mit den zu großen Puffertellern solche von Weinert erhalten (feststehende; wer mag, kann natürlich auch Federpuffer nehmen). Auch die sind im Bild 7 gut zu erkennen. Man beachte aber auch die Höhendifferenz trotz der größeren Roco-Räder im tieferen Wagen.


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Zuletzt bearbeitet am 8. Juni 2004   Technische Probleme? Mail an Webmaster