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Alterung

Eine Anleitung

Von Erik Meltzer <ermel@modellbahnfrokler.de>

Preview mit noch nicht allen Bildern

Vorbemerkung

Das Altern von Modellbahnfahrzeugen ist immer noch ein umstrittenes Thema. Für die einen, und dazu gehören mindestens die meisten Autoren hier, ist es ein unverzichtbarer Bestandteil des Realismus', den wir mit aller Modellbautätigkeit anstreben; die anderen möchten ihre schönen Modelle nicht verschandeln.

Das ist eben so. Und daran wird auch dieses bescheidene Seitlein nichts ändern. Wer aber sich auch mal am Altern versuchen will, dem hoffe ich hier ein bißchen zeigen zu können, wie es geht. Oder vielmehr: wie ich es mache; denn wie immer gibt es auch hier viele Wege zum Ziel. Allgemeingültig, vollständig oder gar erschöpfend kann und will diese Seite nicht sein (auch wenn ihre Länge zugegebenermaßen schon recht erschöpfend ausgefallen ist, wofür ich mich schon hier entschuldigen möchte).

Inhalt

Man nehme, so man hat

Brauchen tut man zum Altern nicht viel, und das meiste davon sollte in einem unordentlichen Modellbahnerhaushalt bereits vorhanden sein. Farben und Klarlacke zum Beispiel, Lösungsmittel und Pinsel, Wattestäbchen und ähnliches Gezumsel. Was man — zumindest für die hier vorgestellten Techniken — nicht braucht, ist eine Spritzpistole oder Airbrush. Nicht, daß man damit nicht auch wundervoll altern könnte, aber ich hab halt selber auch keine.

Was man noch beschaffen kann (und m.E. auch sollte), sind sog. Pulverfarben oder auch Künstlerpigmente. Die gibt's für teures Geld im Modellbauladen und viel viel billiger im Bastelbedarf.

Und dann braucht man natürlich noch ein paar Güterwagen. Für den Anfang nicht gleich den Brawa-G 10, die alte GFN-Sonderserie oder das selbstumgefrokelte Modell hernehmen, einfachere und/oder ältere, jedenfalls: preiswertere wären schon sinnvoller. Ich hab zwar noch nie einen Wagen wegen mißglückter Alterung weggeworfen, aber wenn doch mal was danebengeht, verschmerzt man es bei Billigwagen halt leichter.


Zum Anfang ohne Altern

Huch? Eine Anleitung zum Altern, die mit Nicht-Altern anfängt? Klar. Denn viele Nicht-Alterer sagen: "Beim Vorbild gab es ja auch neue (bzw. frischüberholte) Wagen, die waren ja auch sauber", und sie glauben damit das Thema abgehakt zu haben. Nun: Klar gab es die, wenn sie auch in Büchern wie dem Carstens sicher überproportional vertreten sind (weil sie eben öfter fotografiert worden sein dürften und weil man an neuwertigen Wagen die Details besser erkennen kann), aber auch die sahen nicht aus wie schachtelneue Modellbahnwagen.

Lack

O 10 von Fleischmann
Zwei O 10 (Halle) von Fleischmann, frisch aus dem Ausbesserungswerk
Realisierung: Wagenkasten seidenmatt-braun neu pinsellackiert und mit Gaßner-Beschriftung versehen; Laufwerke seidenglänzend-schwarz übergepinselt; Radsätze müssen noch behandelt werden; Langträgeranschriften der Epoche 2 habe ich bislang ignoriert, aber auf dem Bild stören sie mich nun doch

Das Schlimmste, was nach Styroporkügelchen von der Verpackung an Modellbahnwagen so stören kann, ist der Plastikglanz. Vorbildwagen waren nun mal (mit ganz wenigen Ausnahmen) nicht aus Plastik, sondern lackiert. Also müssen auch Modelle neuer Wagen lackiert sein. Viele, insbesondere neuere, teurere und fremdländische, sind das ab Werk. Die meisten aber nicht, und da müssen dann eben wir beigehen.

Das klingt schlimmer, als es ist. Den Wagenkasten und evtl. auch das Fahrwerk mal eben mit einer Schicht Klarlack zu überziehen, ist eine Sache von ein paar Minuten, selbst mit dem Pinsel. Beim Glanzgrad sollte man auf Hochglanz verzichten, verglichen mit einer Autolackierung ist auch ein fabrikneuer Güterwagen etwas matter. Seidenmatt oder eine Mischung aus Seidenmatt und Hochglanz scheint mir angebracht. Das Fahrwerk ruhig etwas glänzender.

Fertig? Nicht ganz: es fehlen noch ein paar Detailbemalungen. Die wichtigsten von allen: Radsätze und Dächer (bei gedeckten Wagen) bzw. Innenseiten (bei offenen). Radsätze und Dächer sind im Modell ab Werk meist silbrig: die Radsätze mehr oder weniger hell vernickelt, die Dächer allzuoft silbermetallic lackiert. Innenseiten sind mit wenigen Ausnahmen ab Werk in Wagenkastenfarbe. Und das ist fast alles falsch.

Radsätze

Vorbildradsätze sind, von ganz frühen Epochen mal abgesehen, in der Regel schwarz gestrichen. Dementsprechend sollten wir sie auch im Modell anmalen. Dabei genügt es für normale Betrachtungsperspektiven durchaus, nur die außenliegenden Stirnseiten der Räder anzupinseln, die Innenseiten und die Achse sieht man eh kaum. Wer mag, kann aber auch hier für Farbe sorgen.

In der Epoche 1 (also Länderbahnzeit) und bei fremden Bahnverwaltungen kommen sicher auch andere Farbtöne vor. Dafür hab ich aber keine feste Regel, und es ist auch relativ egal: wenn eh gealtert wird (dazu kommen wir unten), spielt der Ausgangsfarbton nicht mehr so die entscheidende Rolle.

Theoretisch sollte man die Radsätze zum Lackieren sicherlich ausbauen, entfetten, anschleifen, grundieren und vielleicht auch bei Mondschein entlang des Erdmagnetfeldes ausrichten; ich streiche sie meistens einfach in eingebautem Zustand mit dem Pinsel an. Wichtiger als die Frage, wie man sie lackiert, ist nämlich, daß man es tut.

Dächer

Hier gilt es zu unterscheiden, und zwar nach dem Vorbildmaterial des Dachs. Davon gibt es bei Güterwagen im Wesentlichen drei: Gewebedachdecke, Stahldach und Aluminiumdach.

Gewebedachdecken

Gewebedachdecke aus Schmirgelpapier
Gewebedachdecke auf einem Vh 14 von Sachsenmodelle
Realisierung: Schmirgelpapier und matte Humbrolfarbe.

Für wenige Details kursieren seit Jahrzehnten so viele Anleitungen wie für Gewebedachdecken. Das geht so weit, daß ernsthaft vorgeschlagen wurde, das zum Anstrich derselben bei Preußens verwendete Pampf nachzumischen, um auch ja den korrekten Farbton zu treffen. Modellbahnfroklers Meinung: Alles Quatsch! Schließlich hing da ne Dampflok vor, also war so ein Wagendach spätestens nach ein paar Wochen dreckig-grauschwarz.

Schon interessanter ist da die Frage, wie man die typische körnige Struktur nachzubilden habe. Wenn ich mir die Mühe überhaupt mache (und es sei gestanden: das ist nicht oft), dann entweder durch Bekleben mit Schmirgelpapier wie beim abgebildeten Vh 14-Dach oder durch Auftupfen dickflüssiger Farbe mit einem grobborstigen Pinsel, wie am Pwg 14 zu sehen. Aber auch Bekleben mit Papiertaschentuch-Einzellagen führt zum Ziel, wie der Gl 11 zeigt; den hab ich indes nicht selber gemacht, sondern so gebraucht gekauft.

Stahl- und Aluminiumdächer

Zwei Blechdächer, verschieden behandelt
Blechdächer auf (natürlich umgebauten) Roco-Einfachserie-G 10
Realisierung: Links matt lackiert mit leicht abweichendem Farbton von Feld zu Feld, rechts auf einfarbig grauer Lackierung anthrazit lasiert

Blechdächer, zu erkennen an den typischen Auffalzungen zwischen den einzelnen Bahnen, müssen im Modell eigentlich nur verdreckt werden. Die Unterscheidung in Stahl- und Aluminiumdach ist nur wichtig, weil man letzteren besser keine Rostflecken verpassen sollte.

Und was macht man, wenn das Modell ein Blechdach bekommen soll, aber ein Dach ohne Sicken hat? Dann klebt man eben dünne Drähte als Sickennachbildungen drauf, wie es Tobias Meyer hier in dem Artikel über die FS-Blechwagen vorgemacht hat.

Wagenkasten-Innenseiten

Vorweg: So ganz 100%ig weiß ich hier auch nicht Bescheid. Sicher ist nur eins: güterwagenbraun lackierte Holzfußböden gab es nicht.

Die Innenwände von O-Wagen sind laut Vorschrift dunkelgrau zu streichen. Der genaue Farbton ist nicht so wichtig, erst recht nicht wenn man den Wagen noch altern will. Die Innenseiten der (Blech-)Türen kann man nach Geschmack braun machen/lassen oder ebenfalls grau machen, da gab's wohl beides.

Die Innenwände von Rungenwagen gehören nicht grau, sondern braun! Das hab ich selber bis vor kurzem falschgemacht und auch noch nicht bei allen Wagen korrigiert.

Wagenboden eines Xf 08
Wagenboden aus Bleiblech, hier an einem Xf 08
Realisierung: Wagenboden aus Bleiblech, Bretterfugen mit Messer eingeritzt, grau lackiert und großzügig dunkel lasiert. Zum Wagen steht mehr hier.

Die Fußböden schließlich sind ab Werk entweder roh-holzfarben oder ebenfalls mit irgendeiner grauen Pampe imprägniert gewesen; was genau, ist m.E. allenfalls von akademischem Interesse, da der Boden wohl als erstes Patina angenommen haben wird. Schmutziggrau-altholzfarben, vielleicht mit einem Stich ins Bräunliche, ist die Farbe der Wahl — bei O-Wagen, erst recht im Kohleverkehr, wohl etwas dunkler als bei Rungen- und Flachwagen, auch um den im Modell fast immer zu hoch liegenden Boden optisch etwas in den Hintergrund treten zu lassen.

Weitere Details

Nur der Vollständigkeit halber will ich erwähnen, daß auch andere Kleinigkeiten noch einen Farbtupfer vertragen können: Bremsumstellhebel und Bremsecken zum Beispiel. Auch sind die Trittflächen von modernen Gitterrost-Tritten ab Werk normalerweise silbrig-verzinkt, aber das braucht man wirklich nur bei fabrikneuen Wagen zu machen, im Betrieb werden die sehr schnell dunkel.


Techniken

Genug des Vorgeplänkels: Die Zeit ist reif für mehr Dreck! Aber auch hier gilt: mit ein wenig Nachdenken vor dem Zusabbern wird's besser. Daher ist auch dieser Abschnitt unterteilt: in die eigentlichen Alterungsspuren, also Rost, Verwitterung etc., und in Verschmutzungen. Anders gesagt: in das, was aus dem Wagen von selber raussabbert, und das, was draufgesabbert wird. :-)

Bevor es aber losgeht, eine kurze Erklärung der Techniken, denn die meisten davon brauchen wir unten immer wieder, und was soll ich die dann mehrmals hinschreiben.

Pulverfarbe

Gmmhs 56 von Roco
Gmmhs 56 von Roco, mattiert und leicht angeschmutzt
Realisierung: Gesamten Wagen mit Matt Cote überlackiert und mit Pulverfarbe gealtert: Wagenkasten anthrazit, Fahrwerk mit verschiedenen Brauntönen; Radsätze und Bremsumstellhebel müssen noch fertig bemalt werden; links zum Vergleich ein obenherum nur mattierter Fleischmann-Gmhs 53

Das Altern mit Pulverfarbe geht am schnellsten, stinkt nicht (macht aber gewaltig Dreck, also am besten in einem Karton arbeiten) und ergibt vor allem garantiert matte Oberflächen. Zart mit dem Pinsel aufstäuben, gern auch verschiedene Farbtöne von ocker über rostbraun bis anthrazit, mit nicht zu weichem Pinsel wieder wegwischen, wiederholen bis es einem gefällt.

Action: Pulverfarbe
Ein Actionshot vom Pulverfärben
SSk 07 von Fleischmann mit hinterdrehten Finescale-Radsätzen von Luck, letztere mit dem Pinsel anthrazit lackiert. Man sieht: Nur Mut mit der Pulverfarbe, sparsam dosieren ist hier nicht die Methode der Wahl! Modell und Finger: Timo Günther <timo.guenther@jatigrafik.com>

Vorteil: man kann es auch wieder abwischen oder im Notfall auch -waschen. Nachteil: man kann es auch wieder abwischen, sprich: es ist nicht griffest. Überlackieren ist ein Thema für sich, erst recht ohne Airbrush; ich hab's bisher gelassen, und auch im Fremo-Betrieb gab's bisher keine Probleme damit, wenn ich nicht gerade die typischen Grabbelbereiche (also Wagenkastenseiten) damit behandelt habe. Wer mag, kann die Pulverfarbe indes auch in frischen bzw. noch klebrigen (Klar-)Lack einarbeiten; dann entfällt natürlich die Korrekturmöglichkeit, dafür wird's dauerhafter. Mehr noch als sowieso schon gilt in diesem Fall also: Lieber weniger und dafür öfter als gleich beim ersten Mal zuviel.

SSk 07 von Fleischmann
Das Ergebnis: SSk 07 von Fleischmann mit einer kräftigen Schicht Bremsstaub untenherum
Realisierung: Radsätze lackiert, Wagen anschließend kräftig mit Pulverfarbe eingestaubt. Ladefläche (hier nicht zu sehen) mit Drybrushing gealtert. Rechts ein ebenso behandelter R 10 von Roco. Modelle und Foto: Timo Günther <timo.guenther@jatigrafik.com>

Lasieren

Rms 31 von Fleischmann
Rms 31 von Fleischmann in gleichmäßig eingedrecktem Zustand
Realisierung: Wagenkasten dunkelgräulich lasiert; Fahrwerk nur mattiert; Radsätze müssen noch behandelt werden

Tnfrhs 32 von Klein Modellbahn
Seefischkühlwagen Tnfrhs 32 von Klein Modellbahn, dezent verdreckt
Realisierung: Wagenkasten dunkelgräulich lasiert; Bremsstaubspuren mit Pulverfarbe aufgebracht; Radsätze und Bremsumstellhebel müssen noch behandelt werden

Diese Technik ist nicht so verbreitet, wie sie es verdient hätte. Dazu gibt man (wenig) Farbe in (viel) Klarlack und lackiert dann damit das Modell. Im Gegensatz zu einem Gemisch aus Farbe und Verdünnung legt sich der so getönte Klarlack gleichmäßig über die Oberfläche, statt in die Fugen und Ritzen zu kriechen.

Action: Lasieren
Ein Actionshot vom Lasieren
"Kølevogn" Gattung IB der DSB von Hobbytrade. So in etwa sollte der "Verschmutzungsgrad" der Lasur eingestellt sein: wenige Pinselvoll Dreckfarbe pro Glas Matt Cote. Beim Lasieren glänzt das wie Sau, nicht verunsichern lassen, das wird schon matt — nur aufpassen, daß man auch alle Ecken erwischt! Modell und Finger: Timo Günther <timo.guenther@jatigrafik.com>

Ergebnis: eine wunderbar ebenmäßige Dreckschicht, wie sie sonst nur mit Hilfe einer Airbrush hinzukriegen wäre. Auch hier gilt aber: lieber mehrere Durchgänge als beim ersten Mal zuviel. Wobei "zuviel" gerade bei Güterwagen aber auch schon mächtig viel ist.

IB der DSB von Hobbytrade
Das Ergebnis: IB der DSB von Hobbytrade mit einer zarten Dreckpatina
Realisierung: Wagenkasten lasiert, Radsätze lackiert, Bremsumsteller von Weinert, Fahrwerk mit Pulverfarbe eingestaubt. Die offenen Wagen sind beide ebenfalls Dänen: links ein E von Roco, rechts ein PB von Hobbytrade, beide mit Drybrushing gealtert — letzterer kommt im nächsten Abschnitt nochmal. Modelle und Foto: Timo Günther <timo.guenther@jatigrafik.com>

Drybrushing

PB der DSB von Hobbytrade
PB der DSB von Hobbytrade in gut gepflegtem Zustand
Realisierung: Wagenkasten und Fahrwerk mit Drybrushing gealtert. Radsätze und Bremsumsteller lackiert. Modell und Foto: Timo Günther <timo.guenther@jatigrafik.com>

Wörtlich: Trockenpinseln. Vor allem zum Betonen der Gravuren dient diese Technik: gaanz wenig Farbe auf einen nicht zu weichen Pinsel nehmen und damit das Modell "abbürsten". Die Farbe bleibt auf den vorstehenden Gravuren haften und betont diese. Dementsprechend nimmt man dazu eher helle Töne. Große Künstler wagen sich da bis hin zu Weiß, mit dem sie Lichteffekte imitieren; ich lasse es meist bei Rostbraun bis Ocker bewenden. Nicht übertreiben, zu stark betonte Kanten wirken schnell unglaubwürdig!

Wischtechnik

Arg verdreckter Glmhs 38 von Roco
Glmhs 38 (Dresden) von Roco mit kräftiger Patina
Realisierung: Wagenkasten nahezu deckend hell- bis mittelgrau gepinselt und Flächen zwischen den Kastensäulen wieder freigewischt; Fahrwerk in changierenden Grau- und Rosttönen lackiert und Langträgeranschriften freigewischt; Details (Griffstangen, Bremsecken) fehlen noch

Irgendwo zwischen Drybrushing und der Verdünnungsmethode liegt das Aufpinseln unverdünnter Dreckfarbe. Das gibt dann naturgemäß Alterung mit der eher groben Kelle, aber auch das kann gut aussehen — schließlich gibt's auch beim Vorbild mitunter Dreck, der die ursprüngliche Farbe beim besten Willen nicht mehr erkennen läßt. Und wenn man dann Teile des Modells wieder freiwischt, die beim Vorbild durch Witterung oder Personal ein wenig sauberer waren, dann kommt unter Umständen sowas dabei raus wie der oben abgebildete Glmhs 38. Das würde (und werde) ich nicht bei allzuvielen Wagen so machen, aber mal geht das durchaus, gerade im Fahrwerksbereich.

Gmhs 31 von Klein Modellbahn: erst gewischt, dann mattiert
Gmhs 31 (Oppeln) von Klein Modellbahn: erst gewischt, dann mattiert
Realisierung: Wagen wurde vom Vorbesitzer in zweifelhafter Qualität mit hellbrauner Farbe in Wischtechnik gealtert, wie am Fahrwerk noch zu erkennen; einfaches Überlackieren des Wagenkastens mit Matt Cote brachte das gezeigte Ergebnis. Am Fahrwerk muß noch was passieren, auch das Dach ist noch etwas hell, aber insgesamt darf der Wagen als gerettet gelten. Beachtenswert: die eh schon recht feinen Bretterfugen des Klein Modellbahn-Wagens sind nach der Matt Cote-Lackierung vorbildgerecht (!) kaum noch zu erkennen! Modell: Timo Günther <timo.guenther@jatigrafik.com>

Verdünnung

Ths 42 von Klein Modellbahn
Universalkühlwagen Ths 42 von Klein Modellbahn, in einem Feld mit Verdünnungsmethode gealtert
Realisierung: Wagenkasten und Dach lasiert bis auf die obere linke Hälfte des zweiten Feldes von rechts: hier Verdünnungsalterung, fragt mich bitte nicht warum. Gut zu sehen die dort überbetonten Bretterfugen

Wohl die bekannteste und üblichste Methode, hier aber nicht umsonst als letzte aufgelistet: das Einpinseln des Modells mit verdünnter Farbe und anschließende Abwischen derselben, so daß sie in den Vertiefungen bleibt und so die Konturen betont. Das Problem dabei ist: diese Konturen sind bei Modellbahnwagen meist ohnehin schon überzeichnet (vor allem Bretterfugen — man redet da nicht umsonst auch von "Bretter-Grand-Canyons") und bedürfen keiner Betonung, eher im Gegenteil.

Tehs 50 von Fleischmann Neubaukühlwagen Tehs 50 von Fleischmann, fast neu und deswegen auch fast sauber
Realisierung: Wagenkasten und Dach mit verdünnten Mattfarben gealtert; Fahrwerk incl. Radsätzen matt mit leicht abgetönter Farbe neu lackiert

Beachtet man das, hat die Technik natürlich trotzdem auch ihre Anwendungsgebiete, zum Beispiel wie im Bild bei Wagen ohne Bretterfugen. Aber bitte nicht einfach alles mit verdünntem Schwarz oder dreckigem Pinselreiniger zusuppen!


Alterungsspuren

Was mit alternden Fahrzeugen passiert, kann im Prinzip jeder an seinem eigenen Auto beobachten: neben den Verschmutzungen, zu denen wir noch kommen, sorgen Witterungseinflüsse zunächst für verwitterten Lack. Dazu kommen kleine Beschädigungen wie Kratzer und sonstige Lackschäden, die bei Metall wiederum zu Korrosion führen können. Beides muß dann irgendwann auch repariert werden, was je nach Aufwand zu mehr oder weniger deutlich sichtbaren Flickstellen führt. Und schließlich führen gewaltsame Begegnungen mit anderen Gegenständen zu Verformungen. All das passiert auch an Güterwagen, nur viel schneller und viel kräftiger.

Verwitterter Lack

Glmhs 50 von Roco (ex Klein Modellbahn)
Glmhs 50 von Roco (ex Klein Modellbahn), nur mattiert
Realisierung: Wagenkasten und Dach mit Matt Cote überlackiert, Dach ganz leicht mit Drecklasur behandelt, Fahrwerk mit Pulverfarbe ganz zart eingestaubt; Bremsumstellhebel müssen noch fertig bemalt werden; die glänzenden Radsätze passen hier ausnahmsweise gar nicht schlecht ins Bild, finde ich

Hier genügt es im Modell meist, den Glanzgrad zurückzunehmen. Von seidenmatt bei noch recht frischen Fahrzeugen bis hin zu stumpfmatt-ausgekreidet ist alles möglich. Ich habe da sehr gute Erfahrungen mit dem matten Humbrol-Klarlack "Matt Cote" gemacht. Das Pampf trocknet dermaßen stumpfmatt auf, daß der Wagen schon allein dadurch etwas verblichen wirkt. Noch mehr braucht man eigentlich nicht; wenn doch, würde ich es mit Lasieren versuchen, also ein wenig mattgrauweiße Farbe ins Matt Cote rühren und den Wagen damit überpinseln.

Lackschäden

Solange ein Lackschaden weder Betrieb noch Sicherheit gefährdet, hat er beim Vorbild zwischen den turnusmäßigen Hauptuntersuchungen meist schlechte Chancen, repariert zu werden. Dementsprechend sind blanke Stellen an metallenen Griffen und Tritten ebenso häufig zu sehen wie Holztritte mit gänzlich unlackierter, also schmutziggrauholzfarbener Oberfläche. Besonders an Kesselwagen, aber auch an Stahldächern gedeckter Wagen kommt es oft zu gróßflächigen Farbabplatzern.

Letztere lassen sich, wenn man denn Lust auf den Aufwand hat, mit der Abdecklack-Methode erzeugen: auf den Untergrund selbigen in unregelmäßigen, nicht zu großen Flecken auftragen, überlackieren und dann beim Abziehen versuchen, das zu erzeugen, was man bei der Verwendung von Abdecklack normalerweise vermeiden will: ausgefranste Kanten, hochstehende Splitter und so. Das wird dann natürlich, wenn's klappt, nicht besonders griffest und ist in unseren kleinen Maßstäben m.E. eigentlich auch nicht erforderlich: bunte Lackierung mit scharfen Trennkanten reicht gemeinhin.

Korrosion

Grundsätzlich sollte man es mit Rost am Aufbau nicht übertreiben. Der entsteht eigentlich nur da, wo Metall auf Metall reibt und deswegen der Lack schnell ab ist; offene Rostgeschwüre wie an alten Astras sieht man an Güterwagen eigentlich eher selten, wenn wir mal uralte Bahnhofswagen oder Rübenwagen kurz vor der Verschrottung ausnehmen. Dazu ist meist einfach das Material zu dick. Und wenn es dann wirklich irgendwann mal durch ist, wird es recht fix repariert (siehe nächsten Abschnitt), schließlich will man ja nicht, daß das Ladegut verschmutzt bzw. verlorengeht.

Stärker finden sich Korrosionsspuren am Fahrwerk, aber auch hier zuerst da, wo der Lack schnell ab ist: an den Bremsbacken (da war sogar nie welcher), an den Blattfedern und an Puffern und Kupplungen, wobei dort aber auch reichlich geschmiert wird und deswegen der Rost nicht so stark in Erscheinung tritt.

In der Praxis ist das Aufbringen von Rostspuren meist im selben Arbeitsgang wie das Nachbilden von Bremsstaub (s.u.) erledigt. Den genannten Stellen gibt man dann einfach etwas mehr vom Guten, dann ist der Keks eigentlich schon gegessen.

Flickstellen

Es 040 von Klein Modellbahn mit Flickstellen und Beulen
Es 040 von Klein Modellbahn, werkseitig verbeult, mit Farbausbesserungen
Realisierung: Wagenkasten mit Lasurmethode gealtert und großzügig mit neu auflackierten Flickstellen versehen; Türen neu lackiert, um eine Ausrede zu haben, warum die gänzlich beulenfrei sind (sind halt gerade neu gekommen); Alterung des Fahrgestells fehlt noch. Bitte das suboptimale Bild zu entschuldigen, der Wagen ist nicht mehr bei mir (war ja auch nie meiner, was soll ich mit Epoche 4?)

Zum verwitterten und beschädigten Lack gehören auch die Lackausbesserungen. Besonders um die Beschriftungen herum, aber auch dort, wo der Lack besonders strapaziert wird, finden sich bald ausgebesserte Stellen in frischerer Farbe. Das kann man im Modell entweder durch Aussparen der Stellen beim Verwittern oder durch anschließendes Nachlackieren erreichen, beides ggf. auch mehrmals, um verschiedene Generationen von Flickstellen nachzubilden.

Om 04 mit Bremserhaus, umgebaut aus Fleischmann-Om 12
Om 04 (aus Fleischmann-Om 12 umgebaut) mit einigen "ersetzten" Brettern
Realisierung: Wagenkasten mit Lasurmethode gealtert und einige Bretter wieder freigewischt; Bremsbacken bräunlich lackiert, restliches Fahrwerk lasiert; Bremserhaus innen grau lackiert und ebenfalls dunkelgräulich lasiert; einige Tritte und das Handbremsgestänge fehlen noch

Wenn nicht nur Lack, sondern auch Substanz ersetzt wurde, wird es schwieriger. Bei Bretterwandwagen kann man ein oder auch mehrere Bretter weniger stark altern bzw. glänzender lackieren, um deren Ersatz anzudeuten; auch ganze Türen etc. wären da vorstellbar. Mit solchen Dingen aber bitte nicht übertreiben, so häufig sieht man das auf Vorbildfotos nicht! Bei Blechwand-O-Wagen kann man auch zusätzlich Schweißnähte andeuten (einkratzen oder einfach bei der Reparaturlackierung eine besonders deutliche Abklebekante umdeklarieren), denn besonders im unteren Bereich der Wände sind Reparaturschweißungen durchaus vorgekommen und auch sichtbar gewesen.

Om 04 mit Blechflicken
Noch ein Om 04 (ebenfalls aus Fleischmann-Om 12 umgebaut, aber mit Piko-Fahrwerk) mit Blechflicken
Realisierung: Blechflicken aus Cinefoil mit "eingepiekten" Nieten; Diagonalstreben mit aufgeklebten PS-Profilchen zu L-Profilen umgearbeitet; Wagenkasten neu lackiert und beschriftet, dann mit Lasurmethode gealtert; Fahrwerk neu lackiert; Radsätze müssen noch bearbeitet werden; rechts zum Vergleich ein mit der Wischtechnik gealterter Fleischmann-Om 12

Und dann sind da noch die Blechflicken, die vor allem Bretterwand-O-Wagen im Alter bekommen haben. Die gibt's entweder als Ätzteil zu kaufen, oder man macht sie sich selber aus Cinefoil mit von hinten eingepiekten Niet-(oder Schraub-?)Imitationen. Der abgebildete Om 04 zeigt letztere Lösung.

Verformungen

Das ist ein eher schwieriges Kapitel. Beim Vorbild sind Verformungen gang und gäbe, besonders bei O-Wagen: Holzwandwagen bauchen sich seitlich aus, Blechwandwagen sammeln Beulen ohne Ende. Beides ist im Modell sehr sehr schwierig, weswegen es nur wenige wagen.

Was m.E. gar nicht geht, ist, diese Verformungen durch thermoplastisches Umformen des Kunststoffs (einfacher gesagt: warmmachen und biegen) nachzubilden. Man liest da die erstaunlichsten Rezepte mit Lötkolben, Kerzenflammen und was nicht allem, aber taugen tut davon keins. Dünnes Blech oder eine Bretterwand verformen sich nun mal ganz anders als dickes warmes Plastik, und der Effekt ist im besten Fall erträglich, meistens aber zum Davonlaufen. Dann lieber gar keine Verformungen!

Verblechter Omm 34
Omm 34 (Piko-DDR-Umbau) mit verblechtem Wagenkasten
Realisierung: Roco-Türen eingesetzt; Wagenkasten mit Cinefoil verblecht, lackiert und mit Verdünnungs- und Lasurmethode gealtert; Fahrwerk mit Drybrushing gealtert; Radsätze müssen noch bearbeitet werden, die originalen Piko-Tritte gehen gar nicht, einige Profile haben arg gelitten, und am Langträger fehlt noch massenweise Beschriftung

Was hingegen gut geht, ist das Nachbilden leicht beuliger Seitenwände mit dünner Metallfolie. Ich nehme da seit Jahren am liebsten "Cinefoil", eine etwas dickere, beidseitig mattschwarz eloxierte Alufolie (erhältlich bei Modulor). Damit den Wagenkasten verkleiden, nicht hundertprozentig sauber arbeiten, schon sieht er von selber aus wie leicht beuliges Blech. Geht auch prima bei Bretterwandwagen, die beim Vorbild nachträglich Blechwände bekommen haben, wie dem abgebildeten Omm 34.


Verschmutzungen

Nun endlich, nach über 1500 Wörtern, kommen wir auch schon zum Eingemachten: dem Dreck. Diesen Abschnitt will ich unterteilen in Betriebsspuren, also das, was vom Fahren kommt, und Ladegutspuren.

Betriebsspuren

Bremsstaub

Ommru 33 mit Bremserbühne (verfeinerter Liliput-Wagen)
Ommru 33 von Liliput (mit verbesserter Bremserbühne), verdreckt und eingebremsstaubt
Realisierung: Wagenkasten mit Wischtechnik grau gealtert; Bremsstaubspuren am Fahrwerk mit Abtön- und Pulverfarbe, am Längsträger mit Drybrushing aufgebracht

Bremsstaub ist eigentlich das Wichtigste überhaupt. Denn er ist beim Vorbild am schnellsten da, und man kann mit seiner Hilfe wunderbar Gravuren betonen, gerade im Fahrwerksbereich. Und auch bei so uralten, einfachen Modellen wie denen der Roco-Einfachserie sind zumindest die Achshalter mit Feder und Achslager durchaus so schön graviert, daß sie das Betonen wert sind.

Und nicht vergessen: je mehr Metall auf Metall reibt, desto mehr Rost entsteht, den man hier gleich mit nachbilden kann. Also den Federschaken, den Blattfedern und den Bremsen einen vExtraschluck rotbräunlichen Gammels verpassen.

Bierwagen Bauart Brühl von Heris
Bierwagen Bauart Brühl von Heris, kräftig mit Brems- und anderem Staub überzogen
Realisierung: Wagenkasten bewußt ziemlich fleckig lasiert; Bremsstaubspuren durch großzügigen Auftrag von Pulverfarbe nachgebildet; Bremserhaussteben nachlackiert, Fenster mit Clearfix verglast

Um Bremsstaub nachzubilden, gibt es mehrere Methoden, die man durchaus alle mal ausprobieren und auch ruhig gemischt (bzw. nacheinander) verwenden sollte. Im Fahrwerksbereich ist die Sache am schnellsten mit Pulverfarben erledigt, und dort ist auch deren mangelnde Griffestigkeit nicht so das Problem — in die meisten Ecken so eines Fahrwerks kommt man mit den dicken Griffeln ja gar nicht hin. Am Wagenkasten ist eher Lasieren angesagt, um eine gleichmäßige Staubschicht hinzukriegen, naheliegenderweise stärker im unteren Bereich — hier greift sich Pulverfarbe dann doch schnell ab.

Die anderen Techniken sehe ich eher skeptisch: sowohl das Betonen der Vertiefungen mit Verdünnung als auch das der Erhebungen mittels Drybrushing sind hier verkehrt. Wohl aber kann man mit Drybrushing ein paar plastische Akzente im Fahrwerksbereich setzen. Nur nicht übertreiben: meistens sind die Fahrwerke schon recht uniform rötlichbraun eingestaubt.

Ruß- und Dreckschleier

Glmmhs 57 von Klein Modellbahn
Glmmhs 57 von Klein Modellbahn in recht kräftig verschmutztem Zustand
Realisierung: Wagenkasten dunkelgräulich lasiert; Bremsstaubspuren mit Pulverfarbe aufgebracht; Radsätze müssen noch behandelt werden

Ebenso allgegenwärtig wie der braune Staub von unten ist, zumindest in früheren, dampfgeschwängerten Epochen, der schwarze Dreck von oben. Komisch eigentlich: warum haben sie die Wagen eigentlich unten schwarz und oben braun gemacht? Umgekehrt wäre weniger verschmutzungsanfällig gewesen ...

Zum Nachbilden des grauschwarzen Schleiers über allem eignet sich einmal mehr die Lasurtechnik am besten. Denn auch hier will man die Gravuren des Wagenkastens nicht in dem Maße betonen, wie das bei der allgemein verbreiteten Verdünnungs-Methode halt passiert. Seht Euch mal Vorbildfotos an: die Bretterfugen sieht man kaum, wenn man nicht direkt vor dem Wagen steht. Die sind auch bei per Lasur gealterten Modellen meist noch viel zu prominent!

Als Farbton nehme ich auch hier lieber Anthrazit als reines Schwarz, gerne auch mit einem Spritzer ins Bräunliche. Wie überhaupt gebrochene Farben eigentlich immer besser aussehen als reine, denn Dreck ist eben auch nicht rein. Definitionsgemäß, sozusagen.

Gltmrhs46 von Roco
Gltmrhs 46 von Roco: relativ gepflegt, aber mit ziemlich fleckigem Dach
Realisierung: Wagenkasten zart-dreckig lasiert; Bremsstaubspuren mit Mattfarbe auflackiert; Dach mehrfach teils in Wischtechnik, teils ineinander verlaufend mehrfarbig grau behandelt

Aufs Dach schließlich kann der schwarze Dreck mit der großen Kelle. Hier kann man dann auch endlich mal nach Herzenslust mit verdünnter Farbe rumplanschen. Selbstverständlich geht aber auch Lasieren, unverdünnt auftupfen, Drybrushing oder Komplettlackierung in irgendeinem dunklen Schmutziggrauton. Ein Zuviel ist jedenfalls nur schwer möglich, und es ist eigentlich auch egal, ob's scheckig wird oder sonstwas: wer dem Vorbild aufs Dach schaut, wird alle möglichen und unmöglichen Farben und Muster finden. Besonders hübsch finde ich da Spuren von ablaufendem Dreckwasser, die sich durchaus auch über den Wagenkasten ergießen dürfen — das geht mit der Verdünnungs-Methode natürlich am elegantesten.

Fett und Öl

Die dritte Hauptverschmutzungsquelle, die sich nicht aus der Ladung ergibt, ist Schmierfett und Schmieröl. Meistens tut's dafür schon glänzende schwarze Farbe, lasierend oder auch verdünnt aufgepinselt. Zu finden sind Schmierstoffspuren überall da, wo Metall auf Metall reiben würde, wenn sie nicht da wären: vor allem natürlich an den Puffern, aber auch an Achslagern und Bremsgestängen.

Wem übrigens die allgegenwärtigen Modell-Begrabbler ein Graus sind, der kann sich vielleicht für folgenden Spaß erwärmen: Auf die Pufferteller kommt je ein Klecks Graphitfett. Das sieht nicht nur sehr echt aus als Nachbildung des schwarz-schmierigen Fettfilms beim Vorbild, sondern die ganzen "Und, Federpuffer?"-Tapser holen sich schwarze Fingerkuppen. Und das Zeug geht wirklich nur ungern wieder ab. Das führte damals beim örtlichen Eisenbahnclub zu manchem hämischen Grinsen ... aber inzwischen mach ich sowas nicht mehr (zumal ja im Fremo das Anfassen auch fremder Modelle nun mal nicht zu vermeiden ist). Ähm. Korrektur: Sowas hab ich natürlich nie gemacht. Ich doch nicht! Kids, don't try this at home!

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß manch einer Ölspuren auch gern mit dem zu Recht verbotenen Holzschutzmittel Karbolineum nachahmt. Im Gegensatz zu Farbe verklebt das nämlich bewegliche Teile nicht, und als Zugabe riecht es auch noch ein bißchen nach Eisenbahn. Genauer: Nach Holzschwelle. Die karzinogene Gefahr des Pampfs ist bei den Millilitern, die wir im Modell so brauchen, sicherlich vernachlässigbar. Problematischer ist es, es überhaupt noch aufzutreiben. Aber wenn Euer Opa noch einen Kanister in der Garage hat, füllt Euch ruhig mal ein Gläschen ab, bevor Ihr es zur Schadstoffstelle bringt.

Ladegutspuren

Offene Wagen

O-Wagen sind meist einfach nur vom Ladegut eingestaubt. Meistens war das in früheren Epochen Kohle, also braucht man dafür im Prinzip nur den Ruß- und Dreckschleier von weiter oben etwas dicker aufzutragen. Besonders natürlich auf der Innenseite, die zumindest bei frisch entladenen Wagen tatsächlich opak schwarz gewesen sein dürfte.

Selbstverständlich kann man seine O-Wagen aber auch andersfarbig einstauben, eine Ausrede wird sich sicher finden und ein Vorbildfoto vermutlich auch.

Was man auf Vorbildfotos auch gelegentlich sieht, sind weißlich verlaufene Kalkspuren. Die kann ich mir nur so erklären, daß man den beladenen Wagen zur Vermeidung von Staub "benäßt" hat und das Wasser dann beim Runterlaufen an der Außenwand getrocknet ist. Sieht jedenfalls auch mal interessant aus, aber nicht zu viele Wagen so altern bitte!

Die Staubspuren des Ladegutes selber kann man aber durchaus auch durch geeignete Pinselführung so formen, daß sie Spuren heruntergelaufenen Wassers andeuten. Hier ist fast alles möglich. Aber aufpassen, daß die Anschriften zumindest einigermaßen leserlich bleiben — oder halt wieder freiputzen, solange die Farbe noch feucht ist.

Kalkdeckelwagen

KK 06-Einheit von Fleischmann
KK 06-Einheit von Fleischmann, ein Wagen auf Fachwerkachshalter umgebaut
Realisierung: Wagenkästen mit Wischmethode und Drybrushing gealtert; Fahrwerk des linken Wagens ebenfalls "gedrybrusht", das des rechten danach umgebaut und mit Pulverfarbe nachgealtert; Wagen ist auch sonst noch sehr unfertig

Bekannter unter dem falschen Namen "Klappdeckelwagen", sind diese Fahrzeuge auch dankbare Opfer für mit der großen Kelle aufgetragenen Dreck. Gern natürlich weißlich, um Kalkspuren zu imitieren — aber auch hellgrau für Zement ist möglich, und je nach Ladegut sicher auch andere Farben. (In Klappdeckel-Selbstentladewagen wie KKt 26 und KKt 45 hat man zum Beispiel auch Koks gefahren, warum sollte man das nicht auch mit normalen K-Wagen können?)

Wieder einmal bietet sich die Lasurmethode an, wirklich ein Universalmittel für realistisch anmutende gleichmäßige Dreckschichten. Dabei aber bitte kein reines Weiß in den Klarlack rühren, das wird m.E. zu grell — lieber mit gaanz wenig Grau oder auch ins Bräunliche abtönen, das Weiß also brechen. (Schön gesagt, Ermel. Mach mal, damit hier mal ein besseres Foto hinkann! ;-)

Auch die Verdünnungs-Methode und das Drybrushing sind hier aber brauchbare Mittel zum Zweck. Gerne auch alles nach- und durcheinander! Und auch hier wieder: Zumindest im Prinzip sollten die Anschriften lesbar bleiben.

Staubgutwagen

Schon schwieriger ist die überzeugende Alterung von Staubgutwagen, da sich die Ladegutspuren hier natürlich noch gleichmäßiger über den Wagen legen. Sowas ist eigentlich das ureigenste Anwendungsgebiet der Airbrush. Aber mit etwas Sorgfalt kommt man auch mit dem Pinsel ans Ziel — sind unsere Wagen eben in den Regen gekommen und deswegen ein wenig streifiger geraten. Pulverfarbe kann hier in den Ecken und Winkeln helfen, Akzente zu setzen, aber auf den glatten Außenflächen wird ihr im Betrieb leider kein langes Leben beschieden sein.

Viehwagen

Ladegutspuren an Viehwagen? Nun ja: Zwar gehen die nach Entladung zur Entseuchung, werden also kaum viele Generationen Dreck aufweisen. Aber wenn sie gerade beladen sind, müssen ja die Ausscheidungen der Tiere auch irgendwo hin. Das meiste bleibt sicherlich in der Einstreu (Heu) kleben, die man an den Türen übrigens auch andeuten kann; was die nicht aufnehmen kann, läuft dann aber halt bräunlich aus den Lüftungsschlitzen. Das tut es ja sogar heute noch bei Viehtransport-Lastzügen, also wird das vor Jahrzehnten beim viel langsameren Eisenbahntransport nicht anders gewesen sein.

Kesselwagen

Deutz-Kesselwagen von Klein Modellbahn=
Kesselwagen der Bauart Deutz von Klein Modellbahn mit eher dezenten Ladegutspuren
Realisierung: Verdünnte glänzende Farben in mehreren Schichten aufgepinselt; Fahrwerk mit Pulverfarben gealtert; Bremserhausfenster mit Humbrol Clearfix verglast; Radsätze müssen noch behandelt werden

Neben den normalen Alterungsspuren tragen Kesselwagen (zumindest solche für Mineralöl) oft Spuren von beim Befüllen danebengegangenem Ladegut. Die kann man im Modell wieder auflasieren (schwarz, vielleicht auch mal ins Bläuliche oder Bräunliche changierend, aber hier mit glänzendem Klarlack!) oder mit der Verdünnungs-Methode herstellen. Ruhig ein paarmal öfter, gereinigt wurde der Bereich anscheinend nicht so häufig. Logisch: hätt ich auch keine Lust zu ...

Ausnahme: die (beim Vorbild eher seltenen) bunten Werbe-Kesselwagen, die wurden doch eher gepflegt. Damals hatten die Ölgesellschaften offensichtlich noch einen Ruf zu verlieren.

Anschriften

Omm 29 (Märklin/Roco-Umbau) mit Kreideanschriften
Omm 29 (Märklin/Roco-Umbau) mit Kreideanschriften auf der Tür und im Anschriftenfeld
Realisierung: Wagenkasten leicht lasiert; Fahrwerk mit dreckig-rostig abgetönter anthrazitfarbener Abtönfarbe übergepinselt; Längsträgerbeschriftung zeigt noch einen gewissen Handlungsbedarf. Der Wagen selber entstand aus einem neu verstrebten Märklin-Omm 37-Wagenkasten und einem verlängerten Roco-Einfachserien-Fahrwerk.

Last, but not least sei noch darauf hingewiesen, daß Güterwagen öfter mal mit Anschriften, Klebezetteln und dergleichen "verziert" werden und man die natürlich auch nachbilden kann und sollte. Gelegentlich macht die Industrie das ja auch schon für uns, Zettel im Zettelhalter oder auch die eine oder andere mehr oder weniger authentisch wirkende Kreideanschrift (Negativbeispiel: "Hafer für das Hottehü" am Roco-Ktmmv 69 — bitte wegmachen, danke!) hat man da schon gesehen. Aber Selbermachen ist besser, so werden jedenfalls keine zwei gleich.

Zettel im dafür bestimmten Zettelhalter sind sicherlich am häufigsten (nämlich vermutlich selten mal nicht) zu finden gewesen. Und sie sind auch schnell gemacht: Klecks weiße Farbe auf den Zettelhalter, wegwischen damit die Gitterstruktur wieder dunkel wird und gut. Wenn denn überhaupt ein erhabener Zettelhalter am Wagen ist! Wenn nicht, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, das zu ändern.

Kreideanschriften, die meist, aber durchaus nicht nur im dafür vorgesehenen Kreideanschriftsfeld vorgekommen sind, mache ich entweder wie im Bild oben mit einem weißen Gelstift oder mit der Tipp-Ex-Methode. Dazu nimmt man einen Korrekturstreifen für die Schreibmaschine (solange es die noch gibt), legt ihn auf den Wagen und beschriftet ihn mit einer Nadelspitze.

Wenn dabei was danebengeht: Tipp-Ex kann man wegkratzen, Gelstift mit einem Schluck Wasser oder, wenn schon etwas angetrockneter, Pinselreiniger entfernen. Und wenn dabei Reste bleiben, bloß drauflassen — vorbildgerechter geht's nicht! Einen Kreideschmierschleier kann man selbstredend auch wieder mit Lasur- oder Verdünnungsmethode erzeugen.

Bleiben Klebezettel. Sowas scharfkantig und deckend aufzumalen, ist mühsam; kleine Papierschnipsel sind fixer aufgeklebt, am besten mit Klarlack. Und abgerissene Klebezettelreste kann man mit ein paar Fusseln Tempotaschentuch oder ähnlichem imitieren.


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Zuletzt bearbeitet am 2. Januar 2011   Technische Probleme? Mail an Webmaster