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Besprechung: Harald Kiel <harald@modellbahnfrokler.de>
Lothar H. Hülsmann: Die Georgsmarienhütter Eisenbahnen, Gülzow (LOKRUNDSCHAU) 2000.
Das Buch beschreibt die Geschichte, Strecken und Fahrzeuge der Georgsmarienhütter Eisenbahnen (GME) vor dem Hintergrund der Georgsmarienhütte und ihrer Erz-, Kohle- und Kalksteinabbaustätten.
Das erste Mal, daß ich etwas von diesem Buch gesehen habe, blätterte ich in einer Eisenbahn-Fachzeitschrift. Dort stach mir eine dreiachsige Diesellok in's Auge, die mit zwei ehemaligen DB/DR-VS durch die Landschaft zuckelte (heute weiß ich, daß eines davon in Wirklichkeit ein VT war – gegen Ende ihres Privatbahndaseins zog man diese mit den Lokomotiven der Bahn) – ein ähnliches Bild ist unten zu sehen. Eigentlich reizen mich ja eher Güterzüge ... aber Halt: Da stand doch etwas von Georgsmarienhütte, dann mußte da doch auch etwas vom Güterverkehr drinstehen!
Tut es auch tatsächlich! Der Güterwagenbestand der GME übertraf den der Personenwagen um ein Vielfaches. Und vor dem Hintergrund einer Privatbahn, die vor allem dem Transport von Rohstoffen zum Hüttenwerk und dem Abtransport der Erzeugnisse der Hütte diente, wundert es einen nicht, daß sich in den Kapiteln des Buches ein breites Sammelsurium verschiedenster und interessantester Lokomotiven und Wagen ausbreitet. Beispiele gefällig? ...
Schwere En2t-Maschinen für die Erzzüge, Schmalspurlokomotiven mit Selbstentladewagen für den Erztransport, B'B'-Lokomotiven der Bauart Günther-Meyer, diverse Spezialwagen für die Aufgaben im Umfeld des Hüttenwerkes, größtenteils als Eigenbauten in der hütteneigenen Werkstatt entstanden und z.B. mit den Drehgestellen ehemaliger Eisenbahngeschütze versehen, und nicht zuletzt der Beweis, daß es schon in vergangener Zeit "Niederflurwagen" im Personenverkehr gab (sogar auf schmaler Spur von nur 600 mm).
Bild 1: Ohne größere Kraftanstrengung dürfte die 1.000 PS-Lok Nr. 1 den Zug 9 – bestehend aus VT 2 und VS 2 – nach Hasbergen gebracht haben. Die Aufnahme entstand in der Station Patkenhof (24. Juni 1972)
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Ohne den Bau der Georgsmarienhüte und der zahlreichen mit ihr verbundenen Anlagen in der Umgebung hätte es keine Georgsmarienhütter Eisenbahn(en) gegeben – diesem Umstand trägt das Buch Rechnung, indem es die Entwicklung der Bahn vor dem Hintergrund der Geschichte des Hüttenwerkes beschreibt. Die Entwicklung der Gleisanlagen entlang der Strecke aber auch im Gelände des Hüttenwerkes wird mit vielen Plänen illustriert, wobei auch speziell auf die Funktionen der Bahn im Bezug auf das Hüttenwerk eingegangen wird.
Ebenfalls mit Zeichnungen und zahlreichen Fotos (zum Großteil verständlicherweise in s/w, da die GME eine der ältesten Privatbahnen Deutschlands sind) werden hier die die Fahrzeuge der Bahn – normal- und schmalspurig – beschrieben, außerdem die Waggonfabrik der Hütte, die nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für andere Privatbahnen und die Staatsbahnen Waggons gebaut hat.
Bild 2: Die Lok 14 war ein der Lok 13 nachempfundener Eigenbau der Georgsmarienhütte. Das Bild zeigt die Lok bei Rangierarbeiten im Juli 1964.
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Abgerundet wird das Kapitel mit einigen Listen über die Daten der eingesetzten Fahrzeuge.
... beschreiben weitere Bahnen der Gegend, die vor allem dem Transport von Erz, Kohle und Kalkstein dienten. Viele dieser Bahnen wurden von den Georgsmarienhütte bzw. den GME nach und nach mit den Abbaugebieten, die sie bedienten, gekauft, andere wurden ganz oder teilweise von ihr geplant, gebaut und dann betrieben.
Auch hier zieht sich die Geschichte des einzelnen Schachtes, Tagebaues etc. wie ein roter Faden durch die Beschreibung vom Bau und Betrieb der Bahn. Soweit möglich wurden für alle Bahnen die Daten der eingesetzten Fahrzeuge zusammengetragen. Zeichnungen und viele Fotos der Fahrzeuge – oft auch mit den Bauten der Bergwerke und Hütten als Kulisse – zeigen anschaulich die Vielfalt der Bahnen in dieser Gegend und geben Anregungen für den Nachbau und das Nachspielen des Betriebes im Kleinen.
Bild 3: Die Brechanlage "Vosslinke" mit Lok "Piesberg 2".
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Landkarten und Pläne der Abbaugebiete zeigen den Streckenverlauf, und einige Bahnhöfe sind durch Gleispläne vertreten.
Quasi als "Zugabe" finden sich Fotos und Listen der Fahrzeuge des Vereins Osnabrücker Dampflokfreunde e.V., die ihre Heimat am Piesberg haben.
Die Georgsmarienhütter Eisenbahnen sind keine alltägliche private Eisenbahn, gerade was das Rollmaterial angeht. Dieses aber reizt sicherlich an vielen Stellen zum Nachbau im kleinen Maßstab. Viele Fotos und Zeichnungen tragen dazu bei, daß dieses auch gelingen kann.
Viele Fotos von den Industriegebäuden lohnen ebenfalls einen zweiten Blick. Sowohl aus der Vergangeheit als auch aus der Gegenwart finden sich hier lohnende Vorbildsituationen.
Etwas schade finde ich an diesem Buch nur, daß es keine Übersichtskarte aller Strecken der GME (eventuell mit Angabe über das Datum des Baus und der Stillegung/des Abbaus) gibt. Gerade für jemanden, der die Gegend etwas kennt, aber bisher die Zeit nicht gefunden hat, sich dort genauer umzuschauen (ich bin so ein Individuum), kommen viele der Ortsnamen usw. bekannt vor, aber es fehlt irgendwie der (geographische) Zusammenhang.
Alles in Allem ist das Buch aber eines, daß sowohl beim simplen Durchblättern durch viele Fotos und Zeichungen Spaß macht, aber auch beim intensiveren Durchlesen nicht langweilig wird – im Gegenteil. Vor allem die starke Verknüpfung zwischen Hüttenwerk, Abbaugebieten der Rohstoffe und den Aufgaben der Bahnen, die beides verbinden, wird sehr deutlich und lebendig beschrieben. Und das ist doch etwas, was auch für den Betrieb auf der Modellbahn das Salz in der Suppe ist!
Titelbild: Hugo Mittelberg
Bild 1: Ludwig Rotthowe
Bild 2: Ralf Reich
Bild 3: Klöckner Durilit
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Zuletzt bearbeitet am 14. Oktober 2003 | Technische Probleme? Mail an Webmaster |