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Der Carstens

Aus der Reihe "Modellbahnfroklers Bücherbrett"

Besprechung: Erik Meltzer <ermel@modellbahnfrokler.de>

Stefan Carstens, Rudolf Ossig: Güterwagen. Band 1: Gedeckte Wagen. Nürnberg, W. Tümmels 1989 (Bahn & Modell special)
Stefan Carstens, Hans Ulrich Diener: Güterwagen. Band 2: Gedeckte Wagen -- Sonderbauarten. Nürnberg, W. Tümmels 1989 (Bahn & Modell special)
Stefan Carstens, Hans Ulrich Diener: Güterwagen. Band 3: Offene Wagen. Hasloh, Flashorn 13 A, S. Carstens 1996.

Der Carstens, unter Güterwagenpfuschern auch "die Bibel" genannt, ist das Standardwerk für jeden, der sich für diese braunen Kisten interessiert, die ca. 90% des Fuhrparks der deutschen Eisenbahnen ausmachen. Das Konzept der Buchreihe lehnt sich eng an das der damaligen Miba-Serie "Güterwagen auf Maß gebracht" vom selben Autor an: jeder Wagen wird mit ausreichenden Vorbildinformationen, vor allem aber mit guten Fotos und hervorragenden Zeichnungen vorgestellt; anschließend werden die erhältlichen Modelle beschrieben, wobei der Schwerpunkt klar auf Umbauten und Verbesserungen liegt. Umfangreiche Tabellen von Gattungszeichen und Wagennummern am Ende des ersten Bandes runden das Werk ab.

Umfang

Die beschriebenen Vorbilder spannen den Bogen von der Jahrhundertwende bis etwa zum Erscheinungsjahr des jeweiligen Bandes, wobei es aber leichte Unterschiede gibt. Während Band 1 und 2 sich auf Wagen beschränken, die bei der Deutschen Bundesbahn noch umgezeichnet wurden, also bei Gw 01 und K 06 ansetzen, blickt Band 3 noch weiter in die Vergangenheit: die ersten Wagen stammen aus den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts, als in Preußen erstmals verbindliche Normalien für den Bau von Eisenbahnwagen eingeführt wurden. Das erscheint mir auch deutlich sinnvoller als die doch recht zufällige Einschränkung der ersten Bände.

Außerdem berücksichtigt der dritte Band auch die Entwicklungen der DR der DDR, die z.T. auf interessante Weise von denen der DB abweichen. Leider wird er dadurch gegen Ende etwas gedrängt, da die DR der DDR in den 70er und 80er Jahren sehr viele Wagen von anderen Bahngesellschaften übernommen hat; deren Beschreibung hätte ich mir zugunsten der älteren Bauarten etwas kürzer gewünscht, aber man kann's ja nicht allen rechtmachen.

Zeichnungen und Fotos

Herausragend in allen Bänden sind die bekannt guten Zeichnungen im H0-Maßstab von Ulrike Carstens. Charakeristisch: die Hervorhebung von Strukturen durch Schattenwurf. Auch wenn dadurch einige Feinheiten verdeckt werden, hilft das doch sehr, um sich den Wagen plastisch vorzustellen. Die Vielfalt der zeichnerisch dargestellten Varianten ist beeindruckend, die Qualität tadellos und die Bücher schon allein deshalb ihr Geld wert.

Die Vorbildfotos sind von meist guter Qualität; nur bei den sehr alten Vorbildern sind naturgemäß Abstriche zu machen. Auch hier fasziniert die Vielfalt der vorgestellten Varianten, zumal es sich meist um andere handelt als bei den Zeichnungen desselben Vorbilds, so daß sich Fotos und Zeichnungen ergänzen. Die meisten Fotos zeigen Wagen im Betriebsdienst und bergen so wertvolle Anregungen für Modellbauer, was Ladung, Verwitterungsspuren und auch spätere Umbauten angeht.

Die Modellfotos sind ebenfalls von guter Qualität, sowohl technisch als auch gestalterisch; vielleicht hätte man sich mehr Abwechslung wünschen können, was die Umgebung der Modelle angeht, etwa Ladestraßenszenen o.ä. statt des immer wiederkehrenden Fotodioramas. Aber schön isses schon.

Texte

Die Beschreibungen der Vorbilder kann ich nicht wirklich beurteilen -- meine Vorbildkenntnisse stammen schließlich aus diesen Büchern ;-). Fehler habe ich dort jedenfalls nicht gefunden, aber auch nicht gesucht. Die tabellarischen Angaben zu den Wagen -- Bau- und Einsatzzeitraum, Hauptabmessungen und Gewichte, Wagennummernkreise -- reichen aus, allenfalls die Maße der Überhänge der nichtsymmetrischen Handbremswagen wären für die Vorbilder ohne Zeichnung noch wünschenswert gewesen.

Die Beschreibung der Verbesserungen der Modelle ist z.T. etwas knapp geraten, sicherlich ein Platzproblem; trotzdem bleiben keine wesentlichen Fragen offen, zumal ein einführender Artikel am Ende des ersten Bandes die Methoden des Güterwagenumbaus kurz umreißt.

Was mich aber ein wenig stört, ist die teilweise unverständliche Auswahl der Basismodelle. Die halbe Seite zum Umbau des archaischen Roco-O 10 hätte man angesichts des sehr guten GFN-Modells sinnvoller verwenden können; der Verzicht auf die Beschreibung des Omm 29-Umbaus z.B. ist bedauerlich, die kategorische Ablehnung des Roco-Omm 37 mir völlig unverständlich. Derartige Beispiele finden sich noch mehr, aber was soll's -- sicher ist das z.T. auch Geschmackssache. Daß einige Umbauvorschläge in den ersten Bänden angesichts neuerer Modelle überholt erscheinen, ist dagegen nicht zu vermeiden. Insgesamt birgt aber auch der Modellteil viele wertvolle Anregungen, und daß er nicht so komplett ist, beflügelt die Phantasie des Lesers und Güterwagenpfuschers; das ist ja auch ein schöner Effekt.

Fazit

Trotz der genannten kleineren Mängel (oder vielmehr Meinungsverschiedenheiten zwischen Autor und Rezensent): Prädikat unbedingt empfehlenswert! Lange Jahre waren die ersten beiden Bände vergriffen und gebraucht nur mit viel Glück aufzutreiben; dieser Tage hat der MIBA-Verlag erweiterte Wiederauflagen angekündigt. Unser Rat: unbedingt zugreifen! Es bleibt die Hoffnung auf baldiges Erscheinen des vierten Bandes, Offene Wagen der Sonderbauarten; ein guter (Verkaufs-)Erfolg der Wiederauflagen wäre auch insofern wünschenswert.

Also, Leute: kauft diese Bücher! Ihr werdet es nicht bereuen.


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Zuletzt bearbeitet am 14. Oktober 2003   Technische Probleme? Mail an Webmaster