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Braunschweig – Gestern und Heute

Aus der Reihe "Modellbahnfroklers Bücherbrett"

Besprechung: Erik Meltzer ermel@modellbahnfrokler.de

Dieter Heitefuß et.al., Braunschweig – Gestern und Heute, Städtebauliche Veränderungen in 65 Jahren: Fachwerkstadt – Kriegszerstörungen – Wiederaufbau, 2. Auflage 10/1994, Verlag Dieter Heitefuß, Buchfinkweg 10, 38122 Braunschweig, ISBN 3-9803243-1-1

Vorwort

Wer unser Bücherbrett kennt, weiß, daß die hier vorgestellten Werke nicht immer offensichtlichen Modellbahnbezug haben. Das gilt auch in diesem Fall; trotzdem ist dieses kleine Buch m.E. eine wertvolle Quelle nicht nur für Braunschweiger, sondern für alle, die Stadtszenen der Epochen 2 bis 3 nachbauen wollen.

Inhalt

In erster Linie ist "Braunschweig – Gestern und Heute" ein Bildband, auch wenn man das angesichts seines Formats von nur 20,5 × 19 cm nicht vermuten würde. Die Mehrzahl der Bilder stammt aus den 30er Jahren, auch aus den 40er und 50er Jahren sind viele enthalten; einige wenige aus der Neuzeit dienen in erster Linie dem Vergleich. Die Texte sind überwiegend aus stadthistorischer Sicht geschrieben (was passierte mit diesem Geschäft, wann wurde das Gebäude abgerissen, was steht heute dort) – nicht uninteressant, auch angenehm zu lesen, aber verglichen mit den Fotos eher unwichtig (aus unserer Sicht als Modellbahnfrokler).

Die Fotos bilden einen Rundgang durch Braunschweigs Innenstadt, sind also nach Aufnahmeorten sortiert. Sie zeigen überwiegend einzelne Häuser oder Häusergruppen, zum Teil aber auch von erhöhtem Standpunkt Plätze (oder, wie bei ihrer Aufnahmezeit zu erwarten, Trümmerlandschaften). Und jedes einzelne dieser Dutzende von Bildern ist voll von Anregungen für den Modellbauer! Ob's nun um den Gebäudebau geht oder den Straßenverkehr, um Anschriften an Häusern oder Kleidung der Menschen, um Anlage von Straßen oder Linienführung der Tram: jedes Bild strotzt von Anregungen. Und es sind 130 Seiten, von denen nur die des Vorworts allein Text zeigen. Besonders hervorzuheben sind einige Farbfotos aus den 30er und 40er Jahren, absolute Raritäten also.

Als sei das nicht genug, finden sich außerdem noch ein gutes Dutzend Luftaufnahmen, z.T. als sehr gute Zeichnungen, überwiegend aber als Fotos, einige in direkter Draufsicht. Besonders die sind natürlich dem Modellstädtebauer eine willkommene Quelle, aber auch die anderen bieten gute Anschauungsobjekte für die Anlage einer in Jahrhunderten gewachsenen Stadt.

Dankenswerterweise aus der Sicht des Epoche-3-Bahners ist das "Heute" im Titel nur mit einigen wenigen Alibifotos berücksichtigt. Bei den Luftaufnahmen ist ihr Anteil größer, aber immer noch unter 50 %.

Qualität

Die Wiedergabequalität der alten Bilder ist nicht eben berauschend; z.T. sind kleinere Werbeanschriften an Häusern auf der anderen Straßenseite bereits nicht mehr erkennbar, von Schnitzereien am Fachwerk ganz zu schweigen. Aber die Auswahl der Ansichten tröstet über diesen (sicher auch vorlagenbedingten) Mangel hinweg: was diese Bilder zeigen, findet man heute auch in weniger oder gar nicht zerbombten Städten wie z.B. Celle nicht mehr.

Die Bilder aus den 30er Jahren zeigen zu einem Großteil Fachwerkhäuser, die längst nicht mehr stehen – in der Bombennacht 1944 sind fast alle verbrannt. Na und, fragt der Leser – Fachwerkhäuser, was ist daran Besonderes? Nun, Fachwerkhäuser heute sind geschniegelte Museumsstücke, herausgeputzt für Touristen und Ansichtskartenfotografen. In den 30er oder 50er Jahren waren das einfach alte Häuser: etwas verkommen, übergestrichen oder gar verputzt, gnadenlos mit Werbeanschriften verziert. So muß das aussehen auf einer Modellbahn aus dieser Zeit, nicht wie in Celle oder Rothenburg o.d.T. heute – oder im Vollmer-Katalog! Gleiches gilt natürlich auch für die Steinhäuser, aber da sind wir Modellbahner ja von Pola und Konsorten schon etwas sensibilisiert...

Die Anschriften an den Häusern sind heute natürlich auch schon nostalgisch, und allein ihretwegen lohnt schon der Kauf des Buchs. Der Autor schreibt dazu im Vorwort: "[Der Bildautor] Erich Heitefuß, von Beruf Malermeister, achtete damals besonders auf Schriftenmalerei und wollte damit zeigen, wie man diese bei alten Häusern stilgerecht einfügt. Er nahm auch schlechte Beispiele auf, um damit nicht fachgerechte Arbeiten zu zeigen." Was nun die schlechten sind und was die guten, darüber können wir 60 Jahre später nur mutmaßen – das Stilempfinden hat sich eben gewandelt. Gerade darum sind die alten Bilder so wertvoll für uns.

Die (leider) wenigen Luftaufnahmen sind von sehr guter Qualität. Besonders beeindruckend: die sehr geringe Verkehrsdichte der Vorkriegsbilder – ganze Straßenzüge ohne einen einzigen PKW, nur einige Fuhrwerke oder LKW sind zu sehen! Aber auch die Wandlung der Baustruktur ist sehr deutlich: wo heute breite Straßen, Parkplätze, Grünflächen und Wege das Häusermeer durchziehen, standen früher die Gebäude dicht an dicht. Wo gibt es heute noch Häuser, die von keiner Seite mit dem Auto zu erreichen sind? Das war natürlich der Brandbekämpfung nicht eben dienlich und neben der an sich schon feuerempfindlichen Fachwerkbauweise wohl die Ursache für die gewaltigen Kriegsschäden: ganze Viertel waren buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht, und auch davon gibt es Bilder in diesem Buch.

Fazit

Als Wahl-Braunschweiger bin ich natürlich ein wenig vorbelastet, aber sei's drum: dieses Buch ist seinen bescheidenen Preis von 34,– DM mehr als wert! Die Fotos werden mir beim Aufbau meiner Straßenbahnmodulanlage, obwohl nach Phantasievorbild, sehr helfen. Und wer weiß? Vielleicht – nein, sogar wahrscheinlich – gibt es solche Bücher auch von Deiner Heimatstadt und/oder von der, die Du Dir als Vorbild erwähltest. Stöbere mal in der örtlichen Buchhandlung oder Bibliothek! Vielleicht findest Du dort auch solche Schätze wie ich mit diesem Buch.

Was ich mir nicht als Modellbahnfrokler, aber als Braunschweiger noch gewünscht hätte: grundsätzlich bei jedem Bild unten in die Ecke dieselbe Ansicht heute zum Vergleich. Bei einigen Bildern ist das so, und jedesmal ist der Vergleich erschreckend. Aber für die Eignung als Vorlage zum Modellbau ist diese Änderung unerheblich.

Prädikat: Unbedingt empfehlenswert!


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